Jüterbog, das "märkisches Mantua"

Jüterbogs Große Straße - jedenfalls belebter als der Marktplatz. Für Entdecker gibt nicht nur Fachwerkgebälk mit genialen Wortspielen.

fotos © galerie / fotobee.de - Große Straße in Jüterbog im Fläming

bezaubernde Kleinstadt mit 13.000 EW (2004) rund 60 km südlich von Berlin, Hauptstadt des Fläming, Kulturzentrum des Niederen Fläming

ortsgeschichtlich

1007 wurde Jüterbog erstmals urkundlich erwähnt, angeblich benannt nach dem ersten Besucher Ziegenbock Jutte.

Drei bedeutende Klöster bestanden im mittelalterlichen Jüterbog. Jüterbog entwickelte sich zur blühenden Handels- und Handwerkerstadt. Jüterbog wurde zu einem der wichtigsten Schauplätze der Reformation und ist Träger des Europäischen Kulturerbesiegels.

1764 siedelte Friedrich II. nach Auflösung der Klösters Weber aus der Oberlausitz an. Aus der Portokasse des Alten Fritz finanziert, wurde die Ansiedlung von Handwerkern gesponsert. Dafür erhielt der Alte noch 1994 ein Denkmal am Marktplatz. Als preußische Garnisonsstadt expandierte nur das Militär, die Entwicklung der Stadt stagnierte.

Jüterbog war einer der wichtigsten Schauplätze der Reformation und ist Träger des Europäischen Kulturerbesiegels.

sehenswerte Innenstadt

Der historischen Stadtkern ist gut erhalten und weist noch einige Highlights der Backsteingotik und Fachwerkhäuser auf. Mauern, drei mächtige Stadttore sowie zahlreiche Wehrtürme zeugen noch heute von der Wehrhaftigkeit einer mittelalterlichen Handels-Metropole.

Jüterboger Rathaus am leeren Marktplatz

[R] Rathaus, das älteste Rathaus Brandenburgs, als prächtiges Kaufhaus begonnen, 1285 erstmals urkundlich erwähnt, Hauptbau um 1500 mit prächtigen gotischen Schmuckgiebeln, später mit Gerichtslaube, Sitzungssaal und Standbild des Heiligen Mauritius.

In der prächtigen Amtsstube des Bürgermeisters fanden im Mittelalter oft Konferenzen der deutschen Kurfürsten statt.


Sehenswürdigkeiten in der Innenstadt von Jüterbog

[1] Mönchenkirche, 1225 geweihte romanische Klosterkirche der Franziskaner. Deren dreischiffige Backsteinhalle mit einschiffigem Chor wurde in die 1480/1510 errichtete Kirche integriert. Heute ist der Komplexals Kulturquartier Mönchenkloster Museum, Bibliothek und Veranstaltungsort für Konzerte

[2] Liebfrauenkirche (1161/74). Das älteste erhaltene Bauwerk der Stadt, Wagnerorgel (1737)
[3] Abtshof - um 1500 als Stadtsitz der Äbte des Klosters Zinna, heute Stadtmuseum


St. Nikolai

[4] Kirche St. Nikolai, spätgotische Backsteinhallenkirche (1300, 1488 geweiht), zwei ungleiche Türme, innen original Deckenbemalungen, Fegefeuer-Altar aus der Cranach Werkstatt und der berühmte Tetzelkasten (13. Jh.).
Hier predigte der "unerhörte" Thomas Münzer: Die Gewalt soll gegeben werden dem gemeinen Volk.

[5] Hedwigskirche (1893), neugotisch, mit spätgotischer Tetzelkapelle - 1517 Wohnsitz von Ablasshändler Tetzel


Stadtmauer

Die Stadtmauer blieb in Teilen erhalten mit fünf Wehrtürmen, drei Stadttoren und Wiekhäusern.

Jüterbog, Türme am Dammtor und Frauentor, vom Heilig-Geist-Platz aus gesehen. Rechts zum Bleichhag

[D] Dammtor mit Turm (1300/1500)

[E] runder Eierturm des Innentors (13. Jh.), baulicher Hinweis auf den einstigen Doppelwall.
Mittelalterliche Kinderfreundlichkeit bezeugen Tafeln an den Toren mit der Aufschrift: "Wer seinen Kindern giebt das Brodt, und leidet nachmals selber Noth, den schlage man mit der Keule todt". nicht wegen der leeraichen 4,5 Schreibfehlern hängt die Keule gleich daneben.
Jüterbog, Neumarkttor © palomita

[N] Neumarkttor - Außentor um 1200, erweitert 1300/1490 unter Verwendung des Restbaues

[Z] Zinnaer Tor, aus romanischen Resten (1200) wurde es um 1500 gotisch umgebaut.


weiterhin:

Kloster Zinna, Jüterbog

Zisterzienserkloster Zinna, in Zinna nahe B101(!) Von der erzbischöfliche Stiftung (1170/71) blieben die Feldsteinkirche (Spätromanik), Siechenhaus (14. Jh.) und das Abtshaus (Spätgotik, Backstein) erhalten. 1958 kam eine größere Anzahl Fresken bei Restaurierungsarbeiten zum Vorschein. Sie gehören zu den schönsten gotischen Wandgemälden Deutschlands.

1492 entstand hier das erste gedruckte Buch der Region.
1553 verließ der letzte Abt das Kloster.

- Webermuseum Wallstraße
- Schaubrennerei ("Zinnaer Klosterbruder"!).

event

- Klemmkuchenfest (Februar). Jüterbog ist heimliche Hauptstadt des Fläminger Reibekuchens
- Maibaumstellen und Handwerkerfest (April)
- Seifenkistenrennen (Mai)
- Lange kulinarische Tafel (Juni)
- Altstadtfest Fürstentag (September)
- Theaterspektakel Michael Kohlhaas u.a. (Oktober 2017)
- Klingender Adventsmarkt Kloster Zinna (Dezember)

getourt

Teilstrecke von 12 km Länge am längsten Rad- und Skateweg Deutschlands, durch das Stadtzentrum in umgebende Felder, schöne Wälder und reizvolle Orte führend

persönlich

In Jüterbog haben Persönlichkeiten wie Tetzel, Müntzer, Melanchton, Wallenstein, Friedrich der Große und viele andere Geschichte geschrieben.

Tetzel zog im Auftrag des Erzbischofs von Brandenburg durch die Lande und warb mit der Angst vor dem Fegefeuer und dem Spruch : "Sobald das Geld im Kasten klingt, die Seele in den Himmel springt." um Ablässe zur Tilgung von Sünden. Die "Leistungsträger" der Gesellschaft waren in der vornehmen Lage, sich finanziell von der größten Schurkerei reinzuwaschen. Die Unterschicht mit ewig schlechtem Gewissen verpfändete das letzte Hemd. Das empörte den Beichtvater Martin Luther derart, dass er den Ablasshandel öffentlich anprangerte. Seine 1517 verfassten 95 Thesen gegen den Ablasshandel waren Auslöser der Reformation. Was ursprünglich als Reformierung des Kirchenwesens gedacht war, führte zur Spaltung in unterschiedliche christliche Konfesssionen. Und zu Verfolgung, Vernichtung, Zerstörung.

Ortsteile/Eingemeindung

Fröhden, Grüna, Kloster Zinna, Markendorf, Neuheim, Neuhof - mit einer Zinngießerei, Werder